Christian Sauter

Schriftliche Frage: Einstellungspraxis bei Wiedereinstiegswilligen

Frage zur schriftlichen Beantwortung von Christian Sauter:

Plant die Bundesregierung eine Novellierung der gesetzlichen Grundlage (siehe § 43 Soldatenlaufbahnverordnung) dafür, dass Wiedereinstiegswillige mit einem bestehenden Offiziersdienstgrad nicht für einen Seiteneinstieg in Betracht kommen und den regulären Beförderungsweg beschreiten müssen und wenn nicht, wie begründet die Bundesregierung die Aufrechterhaltung dieser nach meiner Ansicht darin liegenden Schlechterstellung der Personengruppe der Wiedereinstiegswilligen im Vergleich zu Seiteneinsteigern?

Antwort der Bundesregierung:

Für Soldatinnen und Soldaten ausgeplante höherwertige Verwendungen (Dienstposten) werden in der Regel durch Beförderung von bereits aktiven Soldatinnen und Soldaten (Bestandspersonal) besetzt. Deswegen sind die Dienstgrade einer Laufbahn regelmäßig zu durchlaufen (§ 7 Absatz 3 Satz 1 der Soldatenlaufbahnverordnung (SLV) vom 28. Mai 2021, BGBl. I S. 1228 – (SLV) n. F.). Dadurch werden die für höherwertige Dienstposten erforderlichen Befähigungen und Erfahrungen gewonnen.

Können höherwertige Dienstposten nicht oder nicht zeitgerecht mit Bestandspersonal besetzt werden, kann ausnahmsweise mit höherem Dienstgrad für die jeweilige Verwendung (Seiteneinstieg) eingestellt werden. Die Einstellung mit höherem Dienstgrad stellt also stets eine Ausnahme von der Besetzung höherwertiger Dienstposten mit Bestandspersonal dar.

Die Bundesregierung hat die Voraussetzungen für den Seiteneinstieg mit Blick auf das mit Verfassungsrang ausgestattete Leistungsprinzip (Artikel 33 Absatz 2 des Grundgesetzes) inhaltlich in der SLV geregelt.

Hinsichtlich der geforderten Qualifikationen kann in die Laufbahn der Offiziere des Truppendienstes für militärfachliche Verwendungen, die eine Hochschulausbildung erfordern, eingestellt werden, wer über einen Bachelor- oder gleichwertigen Hochschulabschluss in der für die Verwendung erforderlichen Fachrichtung verfügt (§ 25 Absatz 1 SLV n. F.). Die Einstellung erfolgt mit dem Dienstgrad „Oberleutnant“ (§ 25 Absatz 2 Satz 1 SLV n. F.). Die für Einstellungen mit einem höheren Dienstgrad als Oberleutnant erforderliche Qualifikation und die Höhe des Einstellungsdienstgrades regelt § 25 Absatz 2 Satz 2 SLV n. F. Danach kann für militärfachliche Verwendungen, die einen Hochschulabschluss erfordern, bis zum Dienstgrad Oberst eingestellt werden.

Für Verwendungen im Truppendienst, die keine Hochschulausbildung erfordern, kann als Oberleutnant eingestellt werden, wer ein Hochschulstudium mit einem Bachelor- oder einem gleichwertigen Abschluss abgeschlossen und eine Offizierprüfung bestanden hat (§ 25 Absatz 4 Satz 1 SLV n. F.). Wer diese Voraussetzungen erfüllt, kann für militärfachliche Verwendungen, die keine Hochschulausbildung erfordern, auch mit einem höheren Dienstgrad als Oberleutnant eingestellt werden, wenn die Eignung für die dem höheren Dienstgrad entsprechende Verwendung im Rahmen einer hauptberuflichen Tätigkeit erworben worden ist (§ 25 Absatz 5 Satz 1 SLV n. F.). Die Einstellung kann bis zum Dienstgrad Oberst erfolgen (§ 25 Absatz 5 Satz 2 SLV n. F.).

Die genannten Seiteneinstiegsvorschriften gelten nach § 48 Absatz 3 SLV n. F. (inhaltsgleich in § 43 Absatz 3 SLV a.F. geregelt) entsprechend für die Laufbahn der Offizierinnen und Offiziere der Reserve des Truppendienstes, auf die sich Ihre Schriftliche Frage bezieht.

Ausgangspunkt für jede Personalentscheidung zur Besetzung von Dienstposten ist ein freier, besetzbarer Dienstposten. Für die Besetzung höherwertiger Dienstposten greift die militärische Personalführung regelmäßig auf Reserveoffizierinnen und Reserveoffiziere zurück, die im Rahmen der bisher bestehenden Beorderung Übungen geleistet haben, ein entsprechendes Leistungsbild zeigen und für den höherwertigen Dienstposten qualifiziert sind. Dies entspricht dem in soldatischen Laufbahnen erforderlichen Verwendungsaufbau. Das gilt grundsätzlich auch für Reserveoffizierinnen und Reserveoffiziere, die inzwischen eine höhere zivile Qualifizierung erreicht haben, zumal die militärische Personalführung nur in wenigen Fällen über den Erwerb einer höheren zivilen Qualifizierung unterrichtet ist.

Für freie, besetzbare Dienstposten, die eine besondere Qualifikation erfordern (z. B. Befähigung zum Richteramt oder Masterabschluss in Geschichte mit entsprechender hauptberuflicher Tätigkeit, die nach Fachrichtung und Schwierigkeit der Tätigkeit der Verwendung entspricht) kann regelmäßig nicht auf Bestandspersonal zurückgegriffen werden. Die Besetzung solcher Dienstposten erfolgt durch die Einstellung von Bewerberinnen und Bewerbern, die die erforderliche Befähigung (Seiteneinstiegsvoraussetzungen) für die konkrete Verwendung besitzen.

Die militärische Personalführung kann für die Besetzung solcher Dienstposten auf Bestandspersonal zurückzugreifen, das nach seinem Ausscheiden eine höhere Qualifizierung erlangt hat. Die SLV lässt für diese Fälle Ausnahmen vom regelmäßigem Durchlaufen der Dienstgrade einer Laufbahn zu. Bei Beförderungen können Dienstgrade übersprungen werden (Sprungbeförderungen), um Reservistinnen und Reservisten den für die höherwertige Verwendung erforderlichen Dienstgrad zu verleihen. Über die Ausnahme vom regelmäßigem Durchlaufen der Dienstgrade einer Laufbahn hat bei Reservistinnen und Reservisten das Bundesministerium der Verteidigung zu entscheiden (§ 50 Absatz 1 Nummer 2 i. V. m. § 50 Absatz 2 SLV n. F.).

Laufbahnrechtlich besteht also die Möglichkeit, bei Reservistinnen und Reservisten, die als Leutnant der Laufbahn der Offizierinnen und Offiziere der Reserve des Truppendienstes angehören und die erforderliche Qualifikation für einen Seiteneinstieg aufweisen, von dem Grundsatz, die Dienstgrade einer Laufbahn regelmäßig zu durchlaufen, abzuweichen. Dies ist aber nicht generell bei jedweder zivilen Höherqualifizierung möglich, sondern nur – dem obigen Beispiel folgend – in Fällen, in denen eine Beorderung auf einen Dienstposten erfolgt, der zwingend die bei der Reserveoffizierin oder dem Reserveoffizier vorliegende Qualifikation erfordert (beispielsweise Stabsoffizier Recht oder Historikerstabsoffizier).

Die SLV bedarf dahingehend keiner Änderung und sie diskriminiert auch keine Personenkreise bei der Übernahme als Reserveoffizierin oder Reserveoffizier nach § 48 Absatz 3 i. V. m. § 25 SLV n. F.

Antwort BMVg SF Sauter Wiedereinstieg